Ein gemeinsames Bewußtsein
Ein kleiner, intimer Journalisten-Kreis aus dem Heavy-Bereich hat sich an einem regnerischen Sonntag im Frankfurter Hotline-Studio eingefunden, in dem die Berliner Formation Depp Jones augenblicklich ihr zweites Werk einspielt. Deshalb gleich die erste Frage nach dem Grund für den Wechsel von der Spree an den Main.
Sänger Bela: “Wenn du in Berlin aufnimmst, bist du halt jeden Tag in deiner Wohnung und kriegst da alles mit. Du bist mit deinen Alltagsproblemen konfrontiert, dann ständig für alle Verwandte und Freunde erreichbar. Und wenn du von neun bis siebzehn Uhr arbeiten gehst, danach nach Hause kommst und so gegen eins im Bett liegst, sind da mehrere Stunden dazwischen, in denen du dich beruhigen kannst, vom Job ablenken und so. Hier im Studio in Berlin wären wir so bis drei, vier Uhr morgens gewesen, müßten dann also sofort pennen, daß wir am nächsten Tag wieder fit sind. Und bei mir muß das bißchen Stimme, das ich habe, ausgeruht sein. In Berlin würde ich jedoch danach in meine Stammkneipe gehen. Hier in einer fremden Stadt mit Polizeistunde kenne ich mich auch nicht gut genug aus, um irgendwelche Kneipen zu suchen.“
So durch praktisch nichts abgelenkt, macht die Arbeit gute Fortschritte. Wir bekommen vier Songs in Demo-Version vorgespielt, die musikalisch sehr vielseitig sind, in einigen Bereichen aber auch ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig. Alles in allem ein wenig abgefahrener Stoff – im positiven Sinn – also! Auf jeden Fall aber eine Weiterentwicklung gegenüber der ersten Scheibe, die sicherlich auch durch den neuen Baßmann Peter Sonntag eingeleitet wurde, der mit seinen Aktivitäten besonders in der in- und ausländischen Jazz-Szene für Aufmerksamkeit sorgt(e).
‘‘Wir haben Erfahrungen mit unserem Debüt und dem Mini-Album gesammelt. Damals machten wir die Platte, ohne vorher live zu spielen. Auch waren unser ehemaliger Bassist und ich die Hauptsongschreiber. Ich stehe nach wie vor zu dem Ding, finde, daß es gut ist. Wir hätten etwas mehr knallen können; das sagten einige Leute. Dazu war jedoch die Sicherheit nicht da. So ein gemeinsames Bewußtsein muß erst entstehen und wachsen. Das ist halt dann auf den Tourneen passiert.’’
Zum Wechsel an den vier Saiten hat er folgendes zu sagen:
“Beckmann und ich fuhren dann mal in Urlaub; der Rest hatte kein Geld dafür. Doch als ich zurückkam, überraschten sie mich mit sechs, sieben neuen Songs, die dem, was der Band musikalisch vorschwebte, doch viel mehr entsprachen. Beckmann wollte darauf nicht eingehen, daß Gitarrist und Schlagzeuger endlich mal ihr angestautes Ding da rausgelassen haben, da er doch mehr ein Einzelgänger ist. Er hat uns dann im Oktober verlassen – voll freundschaftlich natürlich – und sagte, er komme damit nicht zurecht und wolle alleine Songs schreiben. Wenn er das will, dann geht dies nicht mehr in dieser Band, denn hier werden alle Sachen gemeinsam geschrieben. Wir fühlen uns jetzt auf dem Musik-Teppich, den wir nun selbst geschaffen haben, plötzlich total sicher. Gut, es gibt schon Dinge, die sich nicht verändert haben: Ich kann das hohe C nach wie vor nicht singen. Ich meine, dies ist hier auch überhaupt nicht gefragt, und ich mache es auf meine Art. Da sind schon Leute, die der Meinung sind, ich bin exzentrisch – andere sagen, ich kann nicht singen. Egal, wenn die Jungs mit mir zufrieden sind, ist das erstmal mein eigenes Ding!’’
Marco Magin